Frau Michaela Ff. Heereman
Vorstand des Elternverein NRW e.V

Wie schon im Elternbrief kompakt Nr. 16 unter dem Titel „Können Eltern das wollen?“ behandelt, wird das Thema Transsexualität für Eltern ein immer aktuelleres und brisantes Thema.

Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Selbst­bestimmungs­gesetz, welches das bisher geltende Transsexuellengesetz ablösen wird, sollte eigentlich bis Ende des Jahres verabschiedet werden, verzögert sich jedoch noch aus bisher nicht genannten Gründen. Bundesfamilienministerin Lisa Paus und Bundesminister der Justiz Dr. Marco Buschmann haben allerdings die Eckpunkte für das Selbstbestimmungsgesetz schon vor einigen Monaten vorgestellt: Durch eine Erklärung vor dem Standesamt soll künftig eine Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen möglich sein. Die Vorlage eines ärztlichen Attests oder die Einholung von Gutachten in einem Gerichtsverfahren sollen nach dem Selbstbestimmungsgesetz nicht länger erforderlich sein. Das Selbstbestimmungsgesetz bezieht sich ausschließlich auf die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen. Wenn eine Person neben der Personenstandsänderung auch körperliche geschlechtsangleichende Maßnahmen anstrebt, wird dies wie bisher auf Grundlage fachmedizinischer Regelungen entschieden.

Kinder unter 14 Jahren sollen diese Änderung mit Hilfe ihrer Eltern beim Standesamt anmelden können; Jugendliche über 14 Jahren sollen dies selbst beantragen können, allerdings mit Einverständnis der Eltern. Liegt dieses nicht vor, entscheidet das Familiengericht.

Was sich hier so selbstverständlich und „freiheitsfreundlich“ anhört, ist jedoch für viele Jugendliche und ihre Eltern eine folgenschwere Entscheidung. Denn diesem ersten Schritt folgen meist die nächsten: hormonelle und operative Geschlechtsangleichungen.

Prof. Dr. Alexander Korte, Experte für Geschlechtsdysphorie an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München und seit fast 20 Jahren mit dem Thema beschäftigt, warnt ausdrücklich vor der Verabschiedung dieses Selbstbestimmungsgesetzes. In einem Interview für die TAZ AM WOCHENENDE beantwortet er die Frage, ob er „Transsein“ für eine Mode hielte: „Ich würde eher von einem Zeitgeistphänomen sprechen. Trans ist offensichtlich eine neuartige Identifika­tionsschablone, für die es einen gesellschaftlichen Empfangsraum gibt. Und das spricht in erster Linie eine vulnerable Gruppe von weiblichen Jugendlichen an. 85 Prozent der trans Identifizierten sind ja biologische Mädchen. Das ist ein internationales Phänomen. In Schweden stieg die Diagnosehäufigkeit bei 13- bis 17-jährigen Mädchen von 2008 bis 2018 um 1.500 Prozent.“ Beunruhigend an diesem Fakt ist, dass die Selbstdiagnose, „trans“ zu sein, bei Mädchen ein relativ neues Phänomen ist. Noch bis ins Jahr 2012 gab es keinerlei wissenschaftliche Literatur über Transsexualität bei jungen Frauen, denn die übergroße Mehrheit der Transsexuellen waren Männer, die schon seit frühester Kindheit mit ihrem angeborenen Geschlecht haderten und sich innerlich dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlten.
Heute ist das Verhältnis genau umgekehrt: 85 Prozent der Transjugendlichen sind Mädchen, und zwar Mädchen, die eine völlig unkomplizierte Mädchenkindheit hatten und sich in der Pubertät urplötzlich im falschen Körper empfinden. In Amerika und England, wo diese Entwicklung schon seit einigen Jahren beobachtet wird, spricht man inzwischen  von „peer contagion“, also von Ansteckung unter Gleichaltrigen, oder von „craze“, im Sinne eines gefährlichen Trends. Bei der Frage, woher dieser plötzliche psychische Umschwung kommt, treffen Eltern und Psychiater immer auf das Phänomen stundenlanger Internetrecherchen der Mädchen und auf jubelnde Trans-Communities in den Sozialen Medien, die die Mädchen in ihren Gefühlen und Entscheidungen bestärken und feiern.

Auch Prof. Veit Roesner, Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Dresden warnt in der FAS vom 13.11.2022 vor zu schnellem Handeln. „Wenn junge Patienten in der Psychiatrie ihr Geschlecht ändern wollen, steckt hinter diesem Wunsch oft etwas anderes… Unsere Patienten bringen viele, viele andere Probleme mit, werden aber zu schnell in diesen Topf geworfen oder werfen sich in diesen.“ Auf die Frage, wie viele Jugendliche nach einer geschlechtsangleichenden Behandlung keine anderen psychischen Probleme mehr haben, antwortet er: Unter 5 Prozent.

Erfahrene Ärzte warnen also vor vorschnellen Entscheidungen. Zum einen mehren sich die Klagen derer, die ihre Transition am liebsten ungeschehen machen würden. Sie führen an, immer nur bestärkend beraten worden zu sein – also im Sinne einer Transition – und dass sie nie daraufhin befragt wurden, ob sie noch andere psychische Probleme, wie etwa Depressionen, Ess- und/oder Angststörungen etc. hätten. Zum anderen weisen kritische Ärzte daraufhin, dass bis vor ca. 10 Jahren in den USA und in Europa noch bis vor kurzem ca. 80% der Jugendlichen, die an ihrem angeborenen Geschlecht gelitten haben (Geschlechtsdysphorie), sich als Erwachsene in ihren zwanziger Jahren mit ihrem biologischen Geschlecht ausgesöhnt haben oder aussöhnen.
Das Schulministerium NRW rät dagegen den Schulen, den Wunsch der Jugendlichen nach Änderung ihres Geschlechtseintrages und nach einem neuen Vornamen nicht zu problematisieren, sondern ihn ohne Diskussion zu akzeptieren. Vielfach werden Eltern auch von der Schule nicht über derartige Bestrebungen ihrer Kinder informiert.

In den USA und England entscheiden sich ca. 80% derer, die eine juristische Geschlechts- und Namensänderung wählen, auch für die nächsten Schritte: hormonelle und/oder operative geschlechtsangleichende Behandlungen. Diese haben irreversible Folgen für die körperliche Unversehrtheit der Betroffenen, deren Fruchtbarkeit und langfristige Gesundheit. Die vom Ampelgesetz vorgesehene und in vielen Schulen praktizierte Akzeptanz solch folgenschwerer Wünsche von pubertierenden Jugendlichen haben weder etwas mit Toleranz, Liberalität noch mit Respekt vor dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen zu tun. Es ist vielmehr ein Einknicken vor medialer Fremdbestimmung vulnerabler junger Mädchen.

Solange dieses Gesetz noch nicht verabschiedet ist, sollten Eltern und alle verantwortungsbewussten Bürger ihre Stimme dagegen erheben. Die Schulen aber sollten sich nicht von der Lobby der LGBTIQ-Community unter Druck setzen lassen und gemeinsam mit den betroffenen Eltern bei den transwilligen Jugendlichen dafür werben, sich mit derart einschneidenden Entscheidungen mehr Zeit zu lassen, um so prüfen zu können, ob das Empfinden, sozusagen im falschen Körper geboren zu sein, wirklich von Dauer ist.

Dezember 2022

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