Ja zum Religionsunterricht

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Die Wurzeln der Moral ...
"Alle Versuche, die die Moral anstatt durch den Hinblick auf ein Jenseits auf irdische Klugheit begründen, ... beruhen auf harmonistischen Illusionen... Alles, was mit Moral zusammenhängt, geht letzten Endes auf Theologie zurück, zum mindesten in den westlichen Ländern, gründet in der Theologie". Das erklärte Max Horkheimer, einer der Väter der emanzipatorischen Pädagogik der Frankfurter Schule (zitiert nach: Kath. Bildung, Organ des VkdL, 6/99,S. 241).

JA ZUM RELIGIONSUNTERRICHT

Seit etwa 25 Jahren wird die Frage nach der Notwendigkeit des Religionsunterrichtes in öffentlichen Schulen gestellt.

  • Ist Religion nicht Privatsache - warum ein solches Fach in der Schule, das außerdem noch benotet wird?

  • Was hat die Kirche mit ihrer Lehre überhaupt in der Schule zu suchen?

  • Religion ist Nebensache, wichtig allein ist, dass die jungen Menschen eine Grundlage für ihren späteren Beruf erhalten, oder?

  • Warum sollte nicht LER = Lebensgestaltung-Ethik-Religion für alle den Religionsunterricht ersetzen?

Diese Fragen, die letzte ausgenommen, sind keineswegs neu. 1992 entschloss sich das Land Brandenburg, das Fach LER als Ersatz für den konfessionellen Religionsunterricht (RU) zunächst im Schulversuch zu testen, führte es aber, ohne die wissenschaftliche Auswertung abzuwarten, 1996 durch Landtagsbeschluss ein. Seitdem ist auch bei uns in NRW die Diskussion um den RU belebt worden.

Religionsunterricht ist ordentliches Lehrfach mit versetzungswirksamer Notengebung und als solches im Grundgesetz verankert. Das ist von den Vätern des Grundgesetzes so gewollt, sicher auf Grund bitterer Erfahrungen in der Nazi-Zeit, in welcher der RU aus den Schulen verschwinden musste. Artikel 7 Abs. 3 des Grundgesetzes enthält eine wichtige Bestimmung: dass nämlich der RU "in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt wird." Aus diesem Artikel können Eltern und Schüler ihr Recht auf einen Religionsunterricht ableiten, der in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des betreffenden Bekenntnisses erteilt wird. Die Verfassung verlangt ausdrücklich Religionsunterricht und damit einen fachspezifischen Unterricht. Es kann also nicht irgendetwas Fächerübergreifendes veranstaltet werden, "das dann auf eine Lebenskunde oder Gesellschaftskunde hinauslaufen würde. Das würde einen Rückzug in die Beliebigkeit darstellen, die weder staatlich noch kirchlich abgesichert wäre" (H. Maier, ehemaliger bayerischer Kultusminister). "RU ist etwas anderes als Lebens- und Kulturkunde", schreibt der Tübinger Religionspädagoge Nipkow. Eine Beschränkung auf die kulturellen und sozialen Aspekte der religiösen Feste, Speisen, Kleidung und Gebräuche der Weltreligionen wäre eine Verkürzung der religiösen Unterweisung. Nach Nipkow hat der RU zwei Schwerpunkte: die Gottesfrage und dann erst die ethische Lebensproblematik. Zur Konfessionalität des RU sagte der katholische Bischof Franz Kamphaus: "Wer vor den Differenzen ausweicht und sein Heil im Allgemeinen sucht, wird nicht gerade Verständnis wecken und der Verständigung dienen. Vernichtet man die Differenzen, so wird schließlich auch die Identität vernichtet. Dann schwindet die Motivkraft des eigenen Bekenntnisses, der eigenen Geschichte. Eine starke Toleranz wächst aus den eigenen Wurzeln. Losgelöst davon wächst Desorientierung, wächst Beliebigkeit, jedenfalls nicht die Anerkennung des anderen. Die kommt aus der eigenen Identität." Ähnlich äußerte sich 1998 in Bielefeld-Bethel vor der westfälischen Landessynode der evangelische Präses Manfred Sorg: "Der bewusste Verständigungsprozess ist gefährdet, wenn die bestehenden Grenzen verwischt werden oder wenn in der Schule eine falsche Gemeinsamkeit vorgetäuscht würde. Darum haben sich die katholischen Bistümer und die drei evangelischen Landeskirchen in NRW nach langen, intensiven Verhandlungen auf ein Votum zur Konfessionalität des Religionsunterrichts geeinigt."

Es steht jedem Schüler ab dem 14. Lebensjahr frei, sich vom RU abzumelden. In allen anderen Bundesländern gibt es dann hierfür Ersatzunterricht. In NRW läuft diese Regelung erst im Schulversuch. Im RU sollten den Kindern und Jugendlichen Hilfen an die Hand gegeben werden, mit denen sie sich in einer pluralen Gesellschaft entscheiden können, wozu sie in ihrem Leben ja oder nein sagen und welchen Werten sie sich verpflichten, statt in lähmender Gleichgültigkeit zu verharren.

Der Staat ist auf den Beitrag der Kirchen angewiesen. Inzwischen ist der Satz des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Ernst Wolfgang Böckenförde sehr bekannt, dass der Staat die ethischen Voraussetzungen, von denen er lebt, nicht selber schaffen und garantieren kann. Diese Voraussetzungen kommen aus Religion und Moral, ohne die eine freiheitliche Gesellschaft nicht leben kann, denn die christliche Religion ist ein Garant gegen Totalitätsansprüche.

"Wo geh' ich hin, folg ich den Wolken?
Wo ist der Weg, den ich nicht seh'?
Wer weiß die Antwort auf meine Frage
warum ich lebe – und nicht vergeh' ...?
Wo komm ich her? Wo geh' ich hin?
Sagt, wozu? Sagt, woher?
Sagt, wohin? Sagt, worin
liegt der Sinn, liegt der Sinn?"

("Hair", zit. n. Impulse zur Verantwortung, D'dof 1974, S. 8)

Dieser Text aus dem Musical "Hair", vor gut 30 Jahren komponiert und inszeniert, drückt nicht nur die Empfindungen der damaligen jungen Generation aus, sondern steht exemplarisch für die Sinnfrage schlechthin, die eine spezifisch menschliche Frage nach der eigenen Identität ist. Trotz Multimedia und Internet und damit des Zugriffs auf Informationen aller Art ist auch für die heutigen Kinder und Jugendlichen die Orientierung nicht leichter geworden. Die Vielfalt von Weltanschauungen und Scheinwelten erschweren die Entscheidung. Die Sehnsucht nach einem tragenden Grund, nach Geborgenheit und Liebe wird in der momentanen religiösen Welle, in dem Aufblühen von Esoterik und neuen und alten Sekten sichtbar. Aber zur wirklichen Freiheit gelangen ihre Anhänger nicht, nur zu neuen Abhängigkeiten. Das gleiche gilt für den Drogenkonsum, der immer weiter ansteigt und häufig auch eine Flucht aus der Sinnleere ist. Der konfessionelle RU kann der Ort sein, "wo jungen Menschen deutlich werden könnte, dass Freiheit mehr und anderes ist als Sich-Befreien, nämlich Aufbau einer Ordnung des eigenen Lebens, Begründung von Verantwortung, Dienst für den anderen und Treue zum eigenen Entschluß. Wie anders sollen junge Menschen jene Gabe der Unterscheidung der Geister lernen (...), wie anders sollen sie den Manipulationen vermeintlicher Befreier und den ebenso gefährlichen Verlockungen vermeintlicher Versicherer in Jugendsekten und Jugendreligionen widerstehen?" (H. Maier).

Natürlich deutet der konfessionelle RU Welt und Mensch mit dem jüdisch-christlichen Schöpfungsglauben und mit dem darin enthaltenen personalen Gottesbild. Der RU unterscheidet sich von jedem Ethikunterricht dadurch, "dass er die Schülerinnen und Schüler mit dem Zuspruch der Heilszusage Gottes in Jesus Christus und im heiligen Geist vertraut macht" (A. Biesinger). Aber er schafft damit zugleich Offenheit für die Beschäftigung mit anderen Deutungsmodellen und Perspektiven. Er kann Beheimatungsmöglichkeiten zeigen, ohne sie zu erzwingen. Schließlich ist die Person des Lehrers bzw. der Lehrerin der Dreh- und Angelpunkt des RU. An ihm oder ihr liegt es, ob die froh- und heilmachende Botschaft des christlichen Glaubens als solche erfahrbar wird. Sie haben schließlich eine Entscheidung getroffen, die ihr Leben prägt und wofür sie mit ihrer Person einstehen. Das ist für solche Kinder, die zu Hause keine Vorbilder bezüglich des religiösen Lebens haben, entscheidend wichtig. Denn Glauben lernt man nicht durch Diskussionen oder durch Zuschauen, sondern durch Menschen, die ihn wagen. Denn bei allen Überlegungen zum Religionsunterricht muß klar sein, dass er den gelebten Glauben in der Familie, in der Gemeinde und im Gottesdienst sowie die daraus resultierenden sozial-caritativen Betätigungen nicht ersetzen kann. Eltern dürfen ihren Kindern Gott nicht vorenthalten. Deshalb ist es wichtig, dass sie auch für den RU Interesse zeigen.

Janusz Korczak geht so weit zu sagen, dass Kinder ein Recht auf Zwiesprache mit Gott haben. Er hat die Einsamkeit des Kindes vor Augen, wenn er Gott ins Spiel bringt, der aus der Einsamkeit befreien kann. Es gibt Stunden und es gibt Fragen, in denen das Kind auf sich allein gestellt ist und in denen der Glaube Hilfe bringen kann. Das Kind braucht Gott zur Bewältigung dieser Einsamkeit (Janusz Korczak: "Kinder achten und lieben", Freiburg 1998). Es geht aber nicht so sehr um das 'Brauchen' als vielmehr darum, wie die Kinder und Jugendlichen Gott erfahren, als Jahwe, "Der Ich Bin Da", der jeden einzelnen Menschen auf seinem Lebensweg begleitet, sich um ihn kümmert, der ein Gott der Liebe ist, ja die Liebe selbst und dass darum auch Schuld vergeben werden kann. Es ist ein Unterschied, ob Kinder und Jugendliche einem Religionslehrer begegnen, der sich zu Gott als bergendem Halt und letzter Wahrheit bekennt oder ob ihnen ein "neutraler" Lehrer eine breite Palette religiöser und nicht-religiöser Lebensentwürfe im Fach LER zur Wahl präsentiert.

Frère Roger Schutz (Taizé) sagte einmal: "Je mehr einer mit dem Himmel verbunden ist, desto besser ist er für dieses Leben gerüstet, denn er weiß, worauf er zugeht". Sorgen wir also dafür, dass die jungen Menschen wissen, worauf sie zugehen, damit sie nicht einer Lebenslüge oder Manipulation verfallen, sorgen wir uns um den Religionsunterricht!

Christa Ley

Religiöse Bindung hilfreich
Aus einer im Dezember 1996 veröffentlichten Studie der US-amerikanischen Vereinigung der Hausärzte geht hervor, dass es bei religiös eingestellten Menschen schneller zur Gesundung kommt und manchmal auch Heilungen auftreten, die nicht allein medizinisch erklärt werden können.

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Stand: 11.02.2012