Geld allein reicht nicht aus

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Geld allein reicht nicht

Die Landesregierung hat ein Initiativprogramm Schule aufgelegt. Die
Vorsitzende des Elternvereins NRW schreibt, was sie davon hält
Von Walburga Stürmer

Düsseldorf - Deutschland leistet sich eines der teuersten Schulsysteme der Welt. Keinesfalls aber zählt es damit zu den besten. Internationale Vergleiche haben uns diese Tatsache drastisch vor Augen geführt.

Seit Jahren haben Elternverbände - dazu zählt auch der Elternverein NRW e.V., der in diesem Jahr sein 25-jähriges Jubiläum begeht - und Lehrerverbände die Bildungspolitiker in Düsseldorf auf die negative Entwicklung hingewiesen: Seit Jahren klagen die weiterführenden Schulen in Nordrhein-Westfalen über die miserablen Kenntnisse von Grundschülerinnen und Grundschülern im Rechnen, Schreiben und Lesen. Industrie, Handel und Handwerk suchen verzweifelt nach geeigneten Auszubildenden mit ausreichenden Schulkenntnissen. Und an den Hochschulen brechen 30 Prozent (!) eines jeden Jahrgangs ihr Studium ab, obwohl ihnen die Hochschulreife auf dem Abiturzeugnis bescheinigt wurde. Da kann doch so einiges nicht stimmen!

Trotz permanenter Proteste und Bitten aller Eltern- und Lehrerverbände gab es zur Behebung des katastrophalen Unterrichtsausfalls in den vergangenen vier Jahren kein Geld! "Die Kassen sind leer", hieß es aus dem Schulministerium. Doch jetzt erleben wir, wie pünktlich vor den Kommunal- und Landtagswahlen auf wundersame Weise ein dreistelliger Millionenbetrag -

Verwendungszweck: "Initiativprogramm Schule NRW 1999/2000" auf unsere Schulen niedergeht. Ohne Zweifel: Wir brauchen dringend zusätzliche Lehrer für den regulären und den Vertretungsunterricht. Wir Eltern sollten uns aber nicht der Illusion hingeben, mit diesem Beitrag könne der riesige Unterrichtsausfall überall in NRW beseitigt werden.

Seit Jahren hat sich die Anzahl der Abiturienten stetig erhöht bis auf über 40 Prozent. Das allerdings hat nichts mit der Höherqualifizierung unserer Schüler zu tun, sondern mit dem Rückgang der Anforderungen. Wie kann die Ministerin jetzt von Qualitätssicherung reden, wo doch zuvor ein Großteil der vorhandenen Qualitätsmaßnahmen und -kontrollen abgebaut worden ist?

Beispiele:

  • Verzicht auf Ziffernnoten jetzt auch im dritten Schuljahr möglich
  • Freigabe des Elternwillens bei der Wahl der weiterführenden Schule nach der vierten Klasse
  • der Drittel-Erlass (ist ein Drittel der Arbeiten schlechter als ausreichend, muss die Arbeit von der Schulleitung genehmigt oder neu geschrieben werden) bei der Bewertung von Klassenarbeiten
  • Kürzung der Stundenpläne
  • Verringerung der Zahl der Klassenarbeiten und Klausuren
  • Rücknahme von Leistungsanforderungen in den neuen Richtlinien für Mittel- und Oberstufe

Vor diesem Hintergrund nehmen sich die nun eingeleiteten Rettungsversuche eher unglaubwürdig und hilflos aus:

  • Mathematik-Offensive an Schulen in NRW
  • geringe Verschärfung der Versetzungsordnung
  • Doppelkorrekturen bei Abiturarbeiten.

Solange Vertreter und Berater des Schulministeriums in Düsseldorf schulische Leistung mit Leistungsdruck und Leistungsterror verwechseln, solange sie Leistungsmessung als ein Relikt aus der alten "Pauk-Schule" verunglimpfen, vor dem die heutigen Schüler bewahren müsse, solange sie fachliches Wissen für nebensächlich halten, werden unsere Kinder trotz weiterer Millionen Bildungsausgaben in der internationalen Konkurrenz nicht mithalten können. Geld allein bringt noch keine Qualität.

Walburga Stürmer: "Die Kinder haben ein Anrecht auf fachwissenschaftlich qualifizierten und zukunftsorientierten Unterricht von fundiert ausgebildeten Lehrern, die zusätzlich auch methodisch-didaktisch ihr Handwerk verstehen."

- WELT am SONNTAG – Nr. 36 5.9.1999

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Stand: 11.02.2012